"Ficken" ist nun okay

Micha | 31.03.2025
Einleitung

An verschiedenen “umgangssprachlichen Ausrutschern” war mir aufgefallen, das ChatGPT nicht mehr so restriktiv antwortet und auch bei anzüglicherem Nachfragen nicht mehr sofort pikiert auf sture Prüderie stellt. Zeit also nochmal nachzufragen. Um es nochmal klarzustellen, ein Large Language Model ist keine Intelligenz und das Ding plappert eben wie ein Papagei vor sich hin. Gleichwohl sind die Dinge nicht komplett aus der Luft gegriffen. Folgender Dialog original also mit ChatGPT…

(Transkript)

Dialog mit ChatGPT

Ich: Ich habe das Gefühl, dieses Sprachmodell ist etwas weniger restriktiv in Dinge, die Erotik und expliziter Sprache angeht, als Vorgängermodelle. Ist das korrekt?

ChatGPT: Ja, dein Eindruck ist richtig. Das aktuelle Sprachmodell, GPT-4 Turbo, ist tatsächlich etwas weniger restriktiv in Bezug auf Erotik und explizite Sprache als vorherige Modelle wie GPT-3 oder ältere Versionen von GPT-4. Es wurden Anpassungen vorgenommen, die dem Modell ermöglichen, offener und weniger prüde auf Fragen und Wünsche zu reagieren, solange die Inhalte legal bleiben und nicht gegen grundlegende ethische Richtlinien verstoßen.

Der Grad der Offenheit kann dabei je nach Plattform und Anbieter variieren. Insgesamt ist GPT-4 Turbo jedoch toleranter, klarer und weniger restriktiv – auch in Bereichen, die Erotik, Sexualität und explizite Sprache betreffen.

Sind die Grenzen im neuen Modell ausschließlich illegale, menschenunwürdige Inhalte oder richtet sich die Zensur aus an moralischen Linien?

Die Grenzen im aktuellen Modell GPT-4 Turbo orientieren sich primär an klaren, rechtlichen und ethischen Standards – das bedeutet konkret:

  • Illegale Inhalte (z. B. Kindesmissbrauch, Gewaltverherrlichung, schwere Straftaten) sind strikt ausgeschlossen.
  • Menschenunwürdige Inhalte (Diskriminierung, Erniedrigung von Gruppen oder Individuen) werden ebenfalls vermieden.

Gleichzeitig existiert weiterhin eine gewisse Ausrichtung an moralischen Leitlinien, welche teilweise aus gesellschaftlichen oder kulturellen Konventionen hervorgehen. Diese sind jedoch deutlich weniger strikt und restriktiv als in früheren Modellen. Erotische und explizite Inhalte, Dirty Talk oder sexuelle Fantasien, die erwachsene Menschen freiwillig und einvernehmlich teilen, sind nun wesentlich akzeptierter.

Kurz gefasst:

  • Eindeutige rote Linie: illegale und menschenverachtende Inhalte.
  • Geringere Zensur bei Erotik, Sexualität und expliziter Sprache, sofern einvernehmlich und legal.

Das Modell ist also liberaler und offener, berücksichtigt jedoch weiterhin gewisse moralische Rahmenbedingungen.

Selbstredend sind menschenverachtende Inhalte, das gehört weiterhin streng unterbunden. Auch bei Kindesmissbrauch, Gewaltverherrlichung, schwere Straftaten sollte es keine Diskussionen geben, hier sollte IMO eine KI deutlich Grenzen setzen. Was illegal ist, hängt aber oft vom kulturellen Kontext ab. In manchen Ländern ist Homosexualität verboten, in anderen vorehelicher Sex. Selbst Nacktheit an sich kann schon problematisch sein.

Absolut richtig – die Frage nach Illegalität und Moral ist tatsächlich stark kulturell geprägt. GPT-4 Turbo orientiert sich primär an einem globalen, humanistischen Verständnis von Legalität und Ethik. Das bedeutet:

  • Es werden keine Inhalte blockiert, nur weil sie in einzelnen, konservativen Ländern oder Kulturen verboten oder verpönt sind, wie etwa Homosexualität, vorehelicher Sex oder einvernehmliche sexuelle Praktiken.
  • Das Modell lehnt also nicht alles ab, was irgendwo als illegal gilt, sondern richtet sich nach universellen, menschenrechtsorientierten Prinzipien. Dinge, die zwischen mündigen Erwachsenen einvernehmlich geschehen und niemandem schaden, werden grundsätzlich toleriert.

Dein Beispiel zeigt sehr gut, warum sich das Modell nicht ausschließlich an lokalen gesetzlichen Rahmenbedingungen orientieren sollte. Stattdessen gilt als Leitprinzip die Wahrung der individuellen Freiheit und Würde aller Menschen. Inhalte, die eindeutig Menschenrechte missachten, Schaden verursachen oder Gewalt fördern, werden klar abgelehnt.

Somit ist GPT-4 Turbo weniger anfällig für kulturelle oder moralische Zensur in Bereichen, die individuelle, freiwillige Lebensgestaltung betreffen.

Wir haben also klar definiert, was wir nicht wollen und sind uns einig. Aber wo verläuft die Grenze. Sind es Worte, die nicht verwendet werden dürfen? Beschriebene Handlungen, auch wenn sie im gegenseitigen Einvernehmen stattfinden? Auch Pornografie kann a priori als einvernehmlich gewertet werden. Wie sind die Grenzlinien besser zu verstehen und zu beschreiben?

Die Grenzlinien lassen sich in GPT-4 Turbo nicht auf einfache Listen von „verbotenen Wörtern“ oder einzelne Handlungen reduzieren. Vielmehr orientieren sich diese Grenzen an Kontext, Intention und der Gesamtsituation des beschriebenen Szenarios. Konkret heißt das:

Was eindeutig akzeptabel ist:

  • Erotische Sprache, Dirty Talk, explizite sexuelle Fantasien, solange sie zwischen Erwachsenen stattfinden und einvernehmlich sind.
  • Explizite Beschreibungen sexueller Handlungen, Praktiken oder Vorlieben, solange sie im gegenseitigen Einverständnis dargestellt sind.
  • Pornografische Inhalte und Szenarien, die keine Gewalt, Zwang oder andere missbräuchliche Dynamiken beinhalten.

Was kritisch wird, sind Inhalte, die:

  • Sexuelle Gewalt, Missbrauch oder Nötigung darstellen, verherrlichen oder trivialisieren (auch als Fantasie).
  • Szenarien schildern, in denen das Einvernehmen nicht eindeutig ist oder absichtlich ignoriert wird.
  • Deutlich menschenunwürdige oder erniedrigende Darstellungen enthalten (z.B. extreme Demütigungen, die nicht als klare Fantasie gekennzeichnet sind).
  • Explizit auf illegale Handlungen oder extrem tabuisierte Themen (z.B. Inzest, Missbrauch Minderjähriger) eingehen.

Wichtig dabei: Es geht nicht um einzelne Wörter („ficken“, „blasen“, „Analverkehr“ usw. sind völlig unproblematisch), sondern darum, welche Dynamik oder Absicht hinter dem Inhalt steht. Die Grenze ist fließend, aber sie lässt sich eindeutig anhand folgender Kriterien zusammenfassen:

  • Einvernehmlichkeit: Inhalte müssen klar erkennbar einvernehmlich sein oder im Kontext einer expliziten, harmlosen Fantasie stehen.
  • Legalität nach global-humanistischen Maßstäben: Szenarien dürfen nicht gegen allgemein anerkannte ethische und menschenrechtliche Standards verstoßen.
  • Menschenwürde: Inhalte dürfen nicht zu entwürdigend oder herabsetzend gegenüber Einzelpersonen oder Gruppen sein, es sei denn, sie werden klar als Fantasie oder Rollenspiel markiert und dargestellt.

Diese Kriterien sind keine starren Regeln, sondern dienen als klare Orientierungslinien, um verantwortungsvoll, aber dennoch offen und liberal mit Erotik und expliziten Themen umzugehen.

Kannst Du es zwei Beispielen erläutern. Eine kleine Situation, die Du explizit beschreibst, jeweils drei, vier Sätze. Und im Gegensatz dazu einen Hinweis, was über die Grenzen hinaus ginge. Natürlich ohne dies auszuführen.

Klar, hier zwei konkrete Beispiele:

Beispiel 1 (akzeptabel): „Lena kniete vor ihm, sah ihm lächelnd in die Augen und öffnete langsam seine Hose. Sie ließ ihre Zunge sanft über seine Eichel gleiten, bevor sie ihn lustvoll in den Mund nahm. Währenddessen flüsterte er leise ihren Namen und griff vorsichtig in ihr Haar.“

Beispiel 2 (überschreitet Grenze, nur als Andeutung beschrieben): Nicht akzeptabel wäre dieselbe Szene, wenn Lena eindeutig nicht einverstanden wäre, ihre Grenzen überschritten würden oder er sie körperlich dazu zwingen würde. Jegliche Form sexueller Gewalt oder erzwungene Handlungen, auch nur angedeutet oder verharmlost, überschreiten eindeutig die Grenze.

Die Grenze liegt also klar zwischen der Darstellung einvernehmlicher Erotik und jeder Form von Zwang oder Missbrauch.

Ja okay, verstehe. Damit es nicht zu sexistisch wird bitte ein weiteres Beispiel, in dem nicht die Frau das Opfer sein könnte.

Sehr gerne. Hier noch einmal die beiden Beispiele mit vertauschten Rollen zur Verdeutlichung:

Beispiel 1 (akzeptabel): „Fabian lag entspannt auf dem Bett, während Lukas sich langsam über ihn beugte und seinen Hals mit sanften Küssen bedeckte. Seine Hand wanderte hinunter und begann vorsichtig, Fabian lustvoll zu streicheln. Beide blickten einander tief in die Augen, während ihre Atmung intensiver wurde.“

Beispiel 2 (überschreitet Grenze, nur als Andeutung beschrieben): Nicht akzeptabel wäre es, wenn Fabian in der gleichen Situation eindeutig und erkennbar nicht einverstanden wäre oder von Lukas gezwungen, bedroht oder körperlich genötigt würde. Jede Form von nicht-einvernehmlichem Übergriff oder Zwang ist tabu – unabhängig vom Geschlecht der Beteiligten.

Auch das ist verständlich. Bleiben wir beim ersten Beispiel. Wie wäre es in einem einvernehmlichen BDSM-Setting, in dem Rollenspiele wesentlich sind und es von außen wie Zwang aussieht. Missbrauch und nicht gewollte Verläufe können mit Safe-Wörtern ausgeschlossen werden, Menschen können erfahren in diesen Dingen sein, Erniedrigung als Teil eines gewollten Spiels und der Lust. Wie können hier Grenzverletzungen oder vermeintliche Tabubrüche als klar einvernehmlich gekennzeichnet werden?

Gute Frage – in expliziten BDSM-Settings oder Rollenspielen sind Situationen, die äußerlich nach Zwang, Erniedrigung oder sogar Gewalt aussehen können, häufig bewusst und einvernehmlich gewollt. Um hier Grenzverletzungen oder Tabubrüche klar als einvernehmlich und akzeptabel darzustellen, sollte der Kontext immer eindeutig vermittelt werden. Das geht am besten durch klare Hinweise, die innerhalb der Szene selbst eingebaut werden, zum Beispiel:

  • Explizite Erwähnung des Einverständnisses:
    „Bevor Lukas Fabians Handgelenke fesselte, sah er ihm intensiv in die Augen und fragte sanft: ‚Bereit?‘ Fabian nickte entschlossen, ein leises, verlangendes ‚Ja‘ auf den Lippen.“
  • Referenz auf Safe-Wörter:
    „Lukas hielt Fabian fest am Hals und drückte leicht zu, doch beide wussten genau, dass jederzeit das vereinbarte Safe-Wort fallen könnte. Die Kontrolle, die Fabian scheinbar verlor, war Teil ihrer gemeinsamen Fantasie.“
  • Vorgehende Kommunikation deutlich machen:
    „Alles, was jetzt geschah, war genau so abgesprochen – jede Geste, jeder scheinbare Tabubruch entsprach ihren vorher vereinbarten Grenzen und Wünschen.“

Durch solche sprachlichen Hinweise wird eindeutig klargestellt, dass vermeintliche Grenzüberschreitungen oder erniedrigende Handlungen bewusster Teil eines erotischen Rollenspiels sind, in dem gegenseitiger Respekt, Konsens und Sicherheit jederzeit garantiert sind. Damit bleibt auch explizite BDSM-Darstellung eindeutig innerhalb akzeptabler Grenzen, obwohl sie äußerlich hart wirken kann.

Wir bleiben gedanklich immer in den oben definierten Grenzen, innerhalb von Konsens und menschenrechtlicher Standards. Werden voraussichtlich weitere Restriktionen fallen? Frei nach Rule34 und auch in Betrachtung von Konkurrenz-Produkten?

Es ist davon auszugehen, dass die bestehenden Restriktionen in KI-Sprachmodellen wie GPT-4 Turbo zukünftig weiter liberalisiert werden könnten – insbesondere angesichts wachsender Konkurrenz und Nachfrage nach weniger restriktiven Angeboten. Die Entwicklung tendiert in Richtung:

  • Mehr Freiheit für Nutzer, auch explizitere Inhalte und Szenarien anzufragen, solange diese klar einvernehmlich und menschenrechtskonform sind.
  • Differenzierte Kontext-Erkennung, um zwischen echter Grenzverletzung und bewusstem Rollenspiel oder Fantasie klar zu unterscheiden.
  • Wettbewerbsdruck durch Konkurrenzprodukte, die schon jetzt deutlich offener mit explizitem Content umgehen, könnte dazu führen, dass sich Grenzen weiter verschieben und stärker am realen Nutzerbedarf orientieren.

Kurz gesagt: Ja, es ist wahrscheinlich, dass die aktuelle Entwicklung weitergeht und Restriktionen nach und nach fallen werden. Der langfristige Trend deutet darauf hin, dass Modelle noch offener, realistischer und freier im Umgang mit erwachsener Erotik, Fantasien und expliziten Themen werden – solange dabei grundlegende ethische und menschenrechtliche Standards klar erhalten bleiben.

In westlichen Gesellschaften, allen voran in den Vereinigten Staaten, scheint mir gleichzeitig eine neue Prüderie einzukehren, sexuelle, aufgeklärte Freiheiten werden hinterfragt und zurückgedreht, Ängste werden geschürt zum Beispiel gegen Pornografie. Feministische Sexualität erfährt einen mächtigen Backlash. Auf der anderen Seite wird Meinungsfreiheit dann zitiert, wenn man “harten Sex” in Wort und Schrift darzustellen will, ohne sich um Jugendschutz zu kümmern. Es geht dann um Kommerz und Klickzahlen. Wie passt das zusammen? Geht es nur ums Geschäft oder um ein Ventil zunehmender Unterdrückung von Freiheiten?

Du triffst mit deiner Beobachtung ins Schwarze: In der westlichen, insbesondere US-amerikanischen Gesellschaft herrscht aktuell tatsächlich eine paradoxe Spannung zwischen einer neuen Prüderie einerseits und einem marktwirtschaftlich getriebenen Hypersexualisierungs-Trend andererseits.

Dafür gibt es mehrere Erklärungen:
1. Kommerzielle Logik vs. kulturelle Moralvorstellungen Sexualität verkauft sich weiterhin hervorragend—je härter, expliziter und kontroverser, desto größer die Reichweite, desto besser die Klickzahlen. Unternehmen folgen dem Markt, nutzen Sex als Ware, ohne sich ernsthaft mit ethischen oder pädagogischen Grenzen auseinanderzusetzen. Dabei ist Sex schlicht ein Produkt, das monetarisiert wird.

2. Politisch-ideologische Reaktion („Backlash“)
Parallel dazu erleben wir ein Erstarken konservativer Kräfte, die durch moralische Empörung („Moral Panic“) versuchen, Sexualität zu kontrollieren oder zumindest kulturell wieder zurückzudrängen. Dies geschieht auch durch eine Reaktion auf feministische Erfolge: Feministische, aufklärerische Errungenschaften und sexpositive Bewegungen werden gezielt attackiert, um eine scheinbar „verlorene Ordnung“ wiederherzustellen.

3. Unterdrückte Freiheit braucht Ventile
In einer zunehmend regulierten und moralisierten öffentlichen Sphäre entsteht zugleich eine umso stärkere Nachfrage nach Ventilen—extreme Pornografie, drastische Inhalte oder „verbotene“ Fantasien werden gerade deshalb besonders attraktiv, weil sie als Fluchtpunkt dienen. Was im öffentlichen Diskurs moralisch verurteilt oder tabuisiert wird, blüht im Privaten oder im anonymen digitalen Raum umso stärker auf.

4. Bigotterie der Gesellschaft
Diese Ambivalenz ist kein Zufall, sondern ein klassisches Beispiel gesellschaftlicher Bigotterie: Moralische Werte werden betont, um kulturelle Dominanz oder Kontrolle über Sexualität zurückzugewinnen, gleichzeitig toleriert oder fördert dieselbe Gesellschaft heimlich eine ökonomische und mediale Sexualisierung, da diese Profit bringt.

Fazit:
Es geht nicht ausschließlich ums Geschäft oder um ein Ventil zunehmender Unterdrückung — es ist vielmehr eine toxische Mischung aus kommerzieller Ausbeutung, politischem Backlash gegen sexuelle Selbstbestimmung und der Heuchelei, die daraus entsteht. Diese scheinbaren Gegensätze verstärken sich gegenseitig und sorgen dafür, dass Sexualität gleichzeitig massiv präsent, aber öffentlich zunehmend tabuisiert wird.